Eigentlich geht es ja hier in diesem Blog nicht um Politik, aber manchmal läßt sich das einfach nicht umgehen. Schließlich ist unsere Freiheit (nicht nur) im Internet bedroht und damit auch das Medium als solches. An diesem Samstag sind 100.000 gegen den Überwachungsstaat aufgestanden und haben gezeigt: So nicht!
Die Demo hat es sogar bis in die Fernsehabendnachrichten geschafft und dürfte somit auch von unseren Staatsführern wahrgenommen worden sein. Wobei mir bis heute schleierhaft bleibt, warum unsere versammelte Journalistenschar das Thema der staatlichen Überüberwachung nicht jeden Tag problematisiert. Letztlich ist ja auch die Presse(informations)freiheit (und damit die Demokratie selbst) gefährdet, wenn sich keiner mehr traut Informationen anonym weiterzugeben, weil Anonymität (für Otto Normalbürger) unmöglich wird.
In welchen Irrsinn uns der Staat mit vernetzten und zusammengeführten Daten, mit Biometrie, Vorratsdatenspeicherung, Lebensbegleitender Steuernummer, Gesundheitskarte und all den anderen Datengräbern und Überwachungsinstrumenten treibt, sollte ja inzwischen jeder mit Hirn zwischen den Ohren erkannt haben.
Nur Herr Schäuble begreift nicht, dass er nicht der Retter sondern der Totengräber des freiheitlichen Rechtsstaats ist. Die eigentliche Bedrohung sind nicht ein paar Terroristen, die immer als Begründung aus der untersten Schublade herausgekramt werden, um Lieschen Müller für dumm zu verkaufen, die eigentliche Bedrohung sind die vom Staat gesammelten Daten selber.
Personen- und Sachschäden durch Terroristen waren selbst zu den schlimmsten Zeiten der RAF ein Nichts im Verhältnis zu Verkehrsunfällen oder Ärztepfusch in Krankenhäusern. Damit hier kein Mißverständnis aufkommt: Ich habe kein Verständnis für Terrorismus oder Vandalismus oder was Verwirrte sonst noch so schlimmes anrichten können. Es geht um die Verhältnismäßigkeit, um Relevanz. Wenn man Leben retten will, sollte man in den Straßenverkehr investieren (sichtbare Fahrbahnmarkierungen sollen sehr hilfreich sein) oder mehr Ärzte einstellen um die übermüdeten Kollegen zu unterstützen. Das würde viele Menschen retten!
Statt dessen versucht man, Terroristen und organisierte Krimnalität (die „Mafia“ eignet sich auch immer gut als Todschlagargument) durch Einschränkung der Freiheitsrechte aller Bürger zu erwischen. Das ist doch lachhaft. Profis kann man mit Vorratsdatenspeicherung und Telekommunikationsüberwachung nicht schocken. Profis finden immer Wege der Verschleierung. Auf der Strecke bleibt der Normalbürger, der falls dumm genug, sich sicherer fühlt und dann wegen eines „blöden“ Zahlendrehers bei der IP-Adresse oder falscher Adressdaten eine Hausdurchsuchung erleben darf!
Nein Herr Schäuble, Überwachung steigert nicht unsere Sicherheit. Wie die Datenskandale der letzten Wochen und Monate eindeutig zeigen, gelangen alle gesammelten Daten, wenn sie nur interessant sind, früher oder später in falsche Hände. Das waren Kriminelle bei der Telekom? Na, als wenn noch nie ein Staatsdiener kriminell geworden wäre? Was der Staat derzeit anhäuft ist ein Datenpool, bei dem der organisierten Kriminalität schon jetzt das Wasser im Munde zusammenläuft. Die Bundesregierung serviert das alles auf dem Silbertablett und früher oder später landet es zwangsläufig bei der Mafia und den gefürchteten Terroristen. Der Schutz dieser sensiblen Daten vor kriminellem Mißbrauch ist nur auf eine Art zu erreichen: indem man sie erst gar nicht erhebt. Folgerichtig sitzt die größte Gefahr für unseren freiheitlichen Rechtsstaat nicht irgendwo in einem Schützengraben in Afghanistan sondern in unserer Regierung – er weiß nur nichts davon.
Links zur und über die Demo: