30 Jahre BTX

Am 1. September feierte BTX 30. Geburtstag. Besser gesagt, hätte es gefeiert, wenn es BTX noch gäbe. Doch der Onlinedienst der Deutschen Bundespost ist schon viele Jahre Vergangenheit und hat nie die Popularität erreicht, wie etwa das französische Pendant Minitel. Dabei war man bei Unter­zeichnung der erforderlichen Staatsverträge noch recht zuversichtlich (YouTube: Bericht über den Bildschirmtext (BTX) in der Tagesschau vom 18.03.1983).

Anders als Minitel in Frankreich scheiterte BTX (finanziell, nicht technisch) an den Postbürokraten, die die Nutzer mit horrenden Gebühren überzogen. Das hielt die Nutzerzahlen niedrig und die Kosten für den einzelnen hoch. Teure Endgeräte und spezifische (langsame) Modems (DBT-03) taten ihr übriges. Auch für den C64/C128 gab es erst nur eine (teure) Steckmodullösung, wie sie hier in den zwei nachfolgend verlinkten YouTube-Videos gezeigt wird.

BTX Werbung mit einem Alien

BTX Werbung von 1987 Erst in den Neunzigern lockerten sich die Zulassungsanforde­rungen. Mit dem Drews Interface und Softwaredecoder und einem C64/C128 war nun ein günstiger Zugang (wenn auch mit Abstrichen bei der Qualität der Darstellung) möglich. Später folgten Software­kennung und Modembetrieb mit höheren Datendurchsätzen (und aus BTX wurde Datex-J).

Bis Mitte der Neunziger gab es auch interessante Angebote für die Freunde des C64 und C128 im BTX. Man traf sich in der Brotkastencorner (BKC) z.B. unter *Matting# zum Austausch von Neuigkeiten (sozusagen die BTX-Variante des Forum64) oder beim C64-Club. Bei der 64er oder beim WDR Computer Club konnte man Telesoftware herunterladen (das war immerhin billiger als die sündhaft teuren 64er Heft-Disketten; jedenfalls solange, bis die 64er plötzlich nur noch aus einer Diskette bestand). Und Chats gab es ebenfalls! Im *Traumschiff#, der *Oase# oder im *Strandhotel#  traf sich jeden Mittwoch ein illustrer Kreis und dikutierte über Gott und die Welt. Ein großer Vorteil von BTX-Chats war die Möglichkeit weit zurück­zublättern. Ohne diese Option macht mir chatten keinen Spaß.

Technisch war BTX – für die damalige Zeit – eine gutes Onlinesystem. Der klar definierte Zugang machte das System auch relativ sicher. Jedenfalls sicherer als das Internet, wenn auch der CCC mit dem „Haspa-Hack“ für Furore sorgte. Die höhere Sicherheit war auch der Grund, warum trotz des Endes von BTX im Jahr 2001 die Online-Banking-Funktionen noch bis 2007 verfügbar waren.

Abschließend einige Pressestimmen zu 30 Jahre BTX:

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, C128, C64 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

8 Antworten zu 30 Jahre BTX

  1. Jörg sagt:

    Erstaunlich, dass sie Jarjar Binks vorweggenommen haben…

  2. wte sagt:

    Ha, ha! Ich muss zugeben, es hat ein bisschen gedauert, bis ich kapiert habe, wass Du meinst 🙂 Da fehlt es aber gewaltig an den Ohren! 😉

  3. Nadie sagt:

    …und 37 Jahre später treffen sich Traumschiffler auf Facebook wieder

    https://www.facebook.com/groups/1696869410614485/

  4. wte sagt:

    Ich habe keine Ahnung, wo der Fratzenbuch-Link hinzeigt, da ich die asozialen Netzwerke nicht nutze und man wohl angemeldet sein muss, um die Gruppe zu sehen. Benutzung also auf eigene Gefahr. Ich würde aber für Smaltalk sowieso das Forum64 empfehlen!

    • Yün Lingh sagt:

      Wie wahr! Wie wahr!

      Ich weiß jetzt spontan nicht, was ein *Forum64* ist, allerdings war ich in meiner Zeit auf dem Traumschiff-Chat immer von wundervollen Menschen umgeben, welche man bei *Tickertreffen* richtig wirklich kennenlernen konnte.

      Am liebsten würde ich die Uhr auf eben diese wunderbare Zeit zurückstellen können…

  5. Ralph W sagt:

    Das Problem war (auch) dass es over the top war: Die Darstellung in Software war nur beim Amiga und später dann die PCs möglich, und die CEPT fähigen Chips waren aufwändig und teuer und neigten zunächst zur Überhitzung. Prestel war eine Technik für Jedermann, aber es wäre eben undeutsch gewesen wenn man einen einfachen gangbaren Weg gegangen wäre.
    Das Problem war eben auch zusätzlich das gleiche Problem wie bei der Bundesbahn: Da ging es schon in den 1950ern hin und her ob man denn nun eine Profitbahn oder eine Daseinsvorsorgebahn wollte. Und dieser Streit ist eben nie wirklich entscheiden worden, mit der Privatisierungsideologie setzten sich dann die erstere Gruppe durch, freilich um den Preis dass etwa bei DHL heute die Aktionäre den Reibach machen. Wobei die SPD hinter der Glasfaser stand, die die CDU eigennützig verhinderte – und man uns Computerkids relais in Vermittlungsanlagen noch in den 1980ern als modern verkaufen wollte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.