C65 versus C128

In der aktuellen Lotek schreibt Stefan Egger in einem recht lesenswerten, vier Seiten umfassenden Artikel über den Commodore 65, seine Besonderheiten und Prototyp-Varianten. Er beginnt dann allerdings sein abschließendes Fazit mit dem Satz „Der C65 wäre in meinen Augen der bessere C128 gewesen.“ Kann man das so stehen lassen?

Schon der rein technische Vergleich unter Auslassung rechnertypischer Besonderheiten wie einem zweiten Prozessor (Z 80) und CP/M-Fähigkeit beim Commodore 128 fällt zwiespältig aus. Der C128 hat die höhere Kompatibilität im C64-Modus, bietet aber weniger Zusatznutzen im Nativen-Modus (langsamerer Prozessor, geringere Grafikfähigkeiten):

Computer C128 (D) C65
Produktionsmenge ca. 4.000.000 (in Serie) < 1000 (nur Prototypen)
Baujahr
1985 1991
CPU 8502 CSG 4510
Taktfrequenz 2 MHz 3,54 MHz
CPU-Befehlssatz 6502 65CE02
RAM (on Board) 128 KB 128 KB
Sound 1 SID (Mono) 2 SID (Stereo)
Graphic-Chip(s) VIC IIe, VDC VIC III (CSG 4567)
Auflösung (non-interlaced) 320×200, 640×200 320×200 – 1280×200
Auflösung (interlaced) 640×400 320×400 – 1280×400
Auflösung (maximal) 720×700, 640×720 unbekannt
Textmodus 40×25, 80×25 40×25, 80×25
Farben 16 256 (von 4096)
C64-Kompatibilität >> 95 % 60 – 70 %
Expansionport C64-kompatibel inkompatibel
Standard Floppy (Unit 8) 5,25″ 3,5″

Doch ist dieser Vergleich wirklich zulässig? Zwischen der Entwicklung des C128 und dem C65 liegen 6 Jahre. Das sind in der Mikroelektronik fast schon Äonen. Der C128 war nicht von ungefähr eine hochkomplexe Maschine. Ein hochintegrierter C65 im Jahre 1985 wäre sicher ein phantastischer Computer gewesen, aber die Entwicklung der entsprechenden Chips war damals technisch noch nicht möglich. Im Jahr 1991 hingegen gab es bereits leistungsfähigere Systeme (Amiga).

Zudem ist die Zielgruppe beider Rechner unterschiedlich. Das zu vergessen ist ein Fehler, der auch Häufig begangen wird, wenn der Erfolg des C128 im Vergleich zum C64 bemessen wird. Der C64 und sein (als konsequente Weiterentwicklung) potentieller Nachfolger der C65 waren als Spielecomputer konzipiert. Der C128 hingegen sollte den professionellen Markt bedienen (so war auch die Werbung ausgerichtet). Deshalb CP/M und deshalb ein 80-Zeichen-Modus. Dass beides etwas halbherzig umgesetzt wurde, ist dabei ein anderes Kapitel. Die C64-Kompatibilität war beim C128 „nur“ eine (wichtige!) Dreingabe, um sofort auf einen großen Pool an Software zurückgreifen zu können. Der C128 hat, im Gegensatz zu vielen anderen Erzeugnissen aus dem Hause Commodore (264er Serie, CBM II, C65), seine Entwicklungs-, Herstell- und Vertriebskosten eingespielt und steht somit in einer Reihe mit dem PET, VC20, C64 und Amiga.

Natürlich ist es ein interessantes Gedankenexperiment, sich vorzustellen, was aus einem C128 geworden wäre, wenn man (a) um Komplexität zu vermeiden auf CP/M verzichtet, (b) einen (fiktiven) 8502 B mit 4 MHz und (c) einen VIC III (und sei es nur in einer Graphik-Auflösung von 640×200 in 256 Farben) für die 80-Zeichen-Darstellung eingesetzt hätte? Und das alles im Jahr 1985 … ein schöner Traum!

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