Schon seit einigen Tagen lag die neue GO64! Heft 01-03/07 – auch als Retro#3 bekannt – neben meinem C128 und wartete auf eine Begutachtung. Nach den eher enttäuschenden Erlebnissen mit der Retro #1 und #2 hatte ich eigentlich keine rechte Lust, mich überhaupt mit dem dritten Heft zu befassen. Immerhin lagen diesmal drei 5,25″ Disketten in der Versandtüte, die hatten ja viele bei den letzten Ausgaben der GO64! vermisst.
Der Inhalt des Hefts wird dem Titel „Von Hackern und Helden“ gerecht. In mehrseitigen Beiträgen wird detailverliebt über Szenen aus dem Leben von Wau Holland, Mitbegründer des Chaos Computer Clubs, über die Anfänge der Hackerkultur und Cracker-Philosophien berichtet. Die Beiträge sind interessant und auch humorvoll verfasst und doch vermisst man den in einem journalistischen Beitrag erwarteten Bezug zu aktuellen Themen wie z.B. den Versuchen der Bundesregierung, Staatstrojaner zur Ausspähung der Bürger zu etablieren.
Der eher dokumentarische Schreibstil findet dann seinen Ursprung (und seine Berechtigung) in der Quelle der Texte. Sind doch zwei der drei Beträge Auszüge aus Büchern und der dritte scheint den Angaben im Heft nach ein Reprint aus der 64’er zu sein. Trotzdem bleiben die Beiträge lesenswert und liefern einen interessanten Einblick in eine Zeit, als die Bürger noch nicht alles schluckten, was ihre persönlichen Freiheitsrechte einschränkte.
Etwa ein Drittel des Hefts widmet sich Spielen in Form von Specials und aktuellen Spieletests (mit Hinweisen auf die CD). Der interessante Einstiegsbeitrag in dieser Rubrik greift nochmals das Thema Hacker auf und liefert Beispiele für die Umsetzung dieses Themas in Computerspielen von den Anfängen bis in die Neuzeit. Der C64-User kann hier aber nur wenig Nektar saugen (und auch die CD ist für ihn weitgehend wertlos).
Im Rest der GO64/Retro kommt er besser weg. Neben dem obligatorischen (?) Longplay (Harak Iri) findet sich noch ein Bericht von der ComBär Berlin (beste Grüße an Malte) und ein Interview mit Eckhard Borkiet (Eway 10 Software), der im 21. Jahrundert noch Datasettengames für den C64 erstellt und vertreibt.
Sogar Hardwarethemen werden angesprochen. Neben Atari-Projekten gibt es einen Test zum Competition Pro (USB), eine Bauanleitung für einen C64-Kernal-ROM-Adapter und Beschaltungspläne für XX1541-Kabel. Für mich am interessantesten war eine kleine Einführung in die Programmiersprache C. Der erste Teil des Kurses „C am C64“ ist für jeden Anfänger verständlich aufgebaut (sonst hätt‘ ich ja nichts verstanden) und macht Appetit auf die Fortsetzung.
Im restlichen Heft findet man immer mal wieder verstreut auch nützliches für den C64-User. Leider gibt es (noch immer) keinerlei Informationen im Heft zur Heftdiskette. So wird zwar das Spiel Bomberman C64 vorgestellt, der Hinweis auf die Disks jedoch vergessen. Dabei sind die Disketten (sehr löblich!) auch als D64-Images auf der CD vorhanden!
Fazit: Für einen C64-Fan ist die Retro #3 ein Kauftip. Sie ist um Klassen besser, als die beiden Vorgängerhefte.
Und was ist mit GO64!-Abonennten? Für Sie gibt es im Editorial ein paar versöhnlich stimmende Worte von Wolfgang Meck. Von Enno lag zudem ein kleiner Zettel bei, der etwas ausführlicher hätte ausfallen dürfen, aber zumindest den Versuch einer Erklärung liefern will. Besonders interessant ist folgendes Zitat: „… Zudem sind zu den großen Kombiausgaben weitere Einzelausgaben der GO64! geplant. Die GO64! liegt mir persönlich sehr am Herzen und wird nicht aufgegeben. …“. Das stimmt hoffnungsfroher als die Aussage von Seba im Forum64, der ja mit Zeitproblemen beim Lay-Out der GO64! kämpft(e). Was Ennos Zettel allerdings ausklammert, ist die noch immer offene Frage, warum die Retro für 9,95 Euro verkauft wird und der GO64!-Abonnent dafür den Gegenwert von 3 Heften (14,91 Euro), also das Eineinhalbfache investieren muss?!
Das Cracker-Interview ist kein Reprint, sondern ein Zitat aus einem von der 64er geführten, aber dort nie veröffentlichten Interview. Es war denen wohl zu „gefährlich“.
Danke für den Hinweis. Ich hatte ja mit Absicht vorsichtig formuliert und das Wort „scheint“ verwendet. Im Heft steht ja „Text: Enno Conners und 64’er“, das ließ viele Möglichkeiten offen. An einen unveröffentlichten Text hatte ich nicht gedacht. Sehr interessant.